Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 11.12.2019 (Az.: 5 AZR 505/18) den Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls präzisiert.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 11.12.2019 (Az.: 5 AZR 505/18) den Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls präzisiert.
Dass der Entgeltfortzahlungszeitraum auf sechs Wochen beschränkt ist, bedeutet für den Arbeitgeber nicht, dass er pro Kalenderjahr für einen kranken Mitarbeiter nur höchstens sechs Wochen Entgeltfortzahlung leisten muss. Vielmehr kann grundsätzlich jede neue Erkrankung des Mitarbeiters, die zur Arbeitsunfähigkeit führt, einen neuen Anspruch auf Entgeltfortzahlung begründen, so dass wieder ein neuer Entgeltfortzahlungszeitraum entsteht. Schlimmstenfalls kann sich demnach ein Sechswochenzeitraum an den anderen reihen.
Erkrankt ein Arbeitnehmer während einer bestehenden krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit an einer neuen Krankheit, geht das BAG regelmäßig davon aus, dass es sich hierbei um eine einheitliche Arbeitsunfähigkeit handelt, also durch die neue Erkrankung kein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch ausgelöst wird.
Ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers entsteht nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur, wenn die erste Krankheit zum Zeitpunkt der neuen, weiteren Erkrankung bereits vollständig ausgeheilt ist.
Hiervon ist das Bundesarbeitsgericht in der Vergangenheit bereits dann ausgegangen, wenn der Arbeitnehmer zwischen zwei Krankheiten tatsächlich gearbeitet hat oder jedenfalls arbeitsfähig war, sei es auch nur für wenige außerhalb der Arbeitszeit liegende Stunden (vgl. BAG, Urt. v. 10.09.2014 – 10 AZR 651/12).
Bereits im Jahr 2016 hat diese Rechtsprechung eine erfreuliche Änderung erfahren; und zwar dahingehend, dass in solchen Fällen nun der Arbeitnehmer darlegen und beweisen muss, dass er tatsächlich zumindest kurzzeitig wieder arbeitsfähig war (vgl. BAG, Urt. v. 25.05.2016 – 5 AZR 318/15). Diese Rechtsprechung hat das BAG nun mit dem aktuellen Urteil bestätigt.
Deshalb kann sogar eine zweitägige „Lücke“ zwischen zwei Krankschreibungen (etwa an einem Wochenende) zum Wegfall des (erneuten) Anspruchs auf eine weitere Lohnfortzahlung führen, wenn der Arbeitnehmer nicht beweisen kann, dass er in diesem Zeitraum tatsächlich wieder arbeitsfähig war.
Ist ein Mitarbeiter länger als sechs Wochen durchgängig arbeitsunfähig krank, besteht in der Regel keine Verpflichtung für den Arbeitgeber, nach Ablauf von sechs Wochen weiter Entgeltfortzahlung zu leisten; auch wenn der Mitarbeiter mehrere „Erstbescheinigungen“ vorgelegt hat.
Nur dann, wenn der Mitarbeiter beweisen kann, dass er zwischen den verschiedenen Erkrankungen zumindest kurzfristig wieder arbeitsfähig war, kann er einen Anspruch auf (eine weitere) Entgeltfortzahlung erfolgreich geltend machen.
Bei durchgängiger Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeiters ist daher zunächst darauf zu achten, dass nicht über den Sechswochenzeitraum hinaus Entgeltfortzahlung geleistet wird.
Ob sich Krankheiten zeitlich überlappen, ist anhand der AU-Bescheinigungen und/oder durch „unablässiges Nachhaken“ bei den Krankenkassen zu klären. Auch wenn kurze „Lücken“ zwischen den Krankheiten bestehen, kann die Pflicht zur erneuten Entgeltfortzahlung entfallen. So etwa dann, wenn zwischen zwei Arbeitsunfähigkeitsperioden lediglich ein „untauglicher Arbeitsversuch“ stattgefunden hat, der Arbeitnehmer aber in Wirklichkeit weiter arbeitsunfähig krank war.
Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass zu Unrecht Entgeltfortzahlung geleistet wurde, kommt die Rückforderung überzahlter Beträge in Betracht. Allerdings sind dann etwaige arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche Ausschlussfristen ebenso zu beachten wie die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren.