Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 26.11.2020 (Az.: 8 AZR 58/20) seine Rechtsprechung zur Wirksamkeit pauschaler arbeitsvertraglicher Ausschlussfristen geändert und die Anforderungen hieran noch einmal erhöht.
In nahezu allen Arbeitsverträgen finden sich sog. Ausschlussklauseln, mit denen ge-regelt wird, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis – abweichend von den gesetzlich geltenden mehrjährigen Verjährungsfristen – nur innerhalb eines kurzen Zeitraums (in der Regel drei Monate) geltend gemacht werden können, um schnell Rechtssicher-heit zu bekommen. Nach Ablauf der vereinbarten Frist sind die Ansprüche verfallen und können nicht mehr geltend gemacht werden.
Nachdem das BAG im Jahr 2018 entschieden hat, dass Ausschlussklauseln insgesamt unwirksam sind, die den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausdrücklich ausnehmen, hat es nun erneut die Anforderungen an die Gestaltung von vertraglichen Ausschlussfristen erhöht.
Konkret musste sich das BAG damit befassen, ob von der Ausschlussklausel auch Ansprüche wegen vorsätzlicher Vertragsverletzung und vorsätzlicher unerlaubter Handlungen erfasst sind.
Bislang ist das BAG davon ausgegangen, dass die Klauseln so auszulegen sind, dass die Geltendmachung solcher Ansprüche gerade nicht ausgeschlossen ist, da der gesetzliche Grundgedanke im AGB-Recht davon ausgeht, dass ein Ausschluss unwirksam ist und ein Ausschluss der Vorsatzhaftung von den Parteien nicht gewollt ist (vgl. etwa BAG, Urt. v. 20.06.2013 – 8 AZR 280/12).
Diese Ansicht hat das BAG nunmehr aufgegeben und seine Rechtsprechung mit der Begründung geändert, dass die Formulierung „alle“ Ansprüche keinen Auslegungsspielraum biete, sondern getreu ihrem ausdrücklichen Wortlaut gelten solle.
Der Wortlaut dieser Ausschlussklausel, wonach pauschal und ausnahmslos „alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben“, verfallen können, bezieht auch Ansprüche wegen einer vorsätzlichen Vertragsverletzung und einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung mit ein.
Dass die Abweichung von den gesetzlichen Verjährungsvorschriften bei Haftung we-gen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden kann und eine solche Klausel gegen § 202 Abs. (1) BGB verstößt, ändert hieran nichts.
Ebenso wie bei Ansprüchen auf den gesetzlichen Mindestlohn kommt es nicht mehr darauf an, ob die Parteien eine solche Regelung überhaupt hätten treffen können.
Eine Klausel, die alle Ansprüche – auch solche wegen Vorsatzes – umfasst, ist jedoch wegen des Verstoßes gegen § 202 Abs. (1) BGB gemäß § 134 BGB nichtig und damit insgesamt unwirksam.
Die Entscheidung des BAG ist für Arbeitgeber von erheblicher praktischer Bedeutung, da in fast allen Arbeitsverträgen Ausschlussklauseln enthalten sind.
Vielfach sind diese Klauseln pauschal und einfach gehalten und werden nicht an die ständig weiterentwickelte Rechtsprechung angepasst. Da die Klausel jedoch bei einem Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften insgesamt unwirksam wird, kann sich der Arbeitgeber auch bei sonstigen Ansprüchen, die nicht auf einer vorsätzlichen Pflichtverletzung beruhen, nicht auf die Ausschlussfrist berufen und erreicht daher gerade das genaue Gegenteil dessen, was er sich erhofft hatte.
Aufgrund der gravierenden Bedeutung von Ausschlussfristen in der Praxis wird dringend empfohlen, die entsprechenden Klauseln in den Arbeitsverträgen zu überprüfen und ggf. anzupassen.