KÜRZUNG DES URLAUBSANSPRUCHS BEI KURZARBEIT „NULL“

KÜRZUNG DES URLAUBSANSPRUCHS BEI KURZARBEIT „NULL“

Nachdem bislang umstritten war, ob der Urlaub nach deutschem Recht während der Kurzarbeit gekürzt werden kann, hat sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf in einem aktuellen Urteil vom 12.03.2021 (6 Sa 824/20) als erstes deutsches Gericht ausdrücklich mit dem Urlaubsanspruch während der Kurzarbeit befasst und erfreulicherweise die für Arbeitgeber positive Entscheidung getroffen, dass der Urlaub für Zeiten der Kurzarbeit „Null“ gekürzt werden kann.

 

 

HINTERGRUND

Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, die im vergangenen Jahr für drei Kalendermonate durchgehend zu 100 % in Kurzarbeit war. Der Arbeitgeber hat daraufhin für diese Zeit den Urlaubsanspruch mit der Begründung gekürzt, dass die Arbeitnehmerin während dieser Zeit von der Arbeitspflicht befreit war.

Die Arbeitnehmerin hielt dem entgegen, dass konjunkturbedingte Kurzarbeit nicht auf Wunsch des Arbeitnehmers erfolge, sondern im Interesse des Arbeitgebers. Kurzarbeit sei auch keine Freizeit und der Arbeitgeber könne die Kurzarbeit auch kurzfristig vorzeitig beenden, sodass es an einer Planbarkeit der freien Zeit fehle.

 

ENTSCHEIDUNG

Das LAG Düsseldorf hat die Klage – wie auch schon die Vorinstanz – abgewiesen und festgestellt, dass kein Urlaubsanspruch erworben wurde. Mit dieser Entscheidung setzt es die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil v. 08.11.2012 – C- 229/11 u. C-230/11) um.

Die Entscheidung begründet das LAG Düsseldorf damit, dass mit dem Urlaub eine Erholung von der Arbeitsverpflichtung bezweckt wird. Während der Kurzarbeit „Null“ ruhen jedoch die beiderseitigen Leistungspflichten vollständig. So lange der Arbeitnehmer nicht zur Erbringung seiner Tätigkeit verpflichtet ist, kann auch kein Erholungsbedürfnis von dieser Verpflichtung bestehen und damit der Erholungszweck nicht erreicht werden.

Für die Zeit der Kurzarbeit „Null“ ist der Arbeitnehmer daher so zu behandeln, als wäre er in Teilzeit beschäftigt und der Urlaub für jeden vollen Monat der Kurzarbeit „Null“ um 1/12 zu kürzen. Das deutsche Recht enthält dazu keine günstigere Regelung. Weder existiert diesbezüglich eine spezielle Regelung für Kurzarbeit noch ergibt sich etwas anderes aus den Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes. Insbesondere ist Kurzarbeit „Null“ nicht mit Arbeitsunfähigkeit zu vergleichen, während der weiterhin ein Anspruch auf Erholungsurlaub entsteht. Auch die Veranlassung der Kurzarbeit durch die Corona-Pandemie führt nicht zu einem anderen Ergebnis.

 

DREITOR HINWEISE

Das LAG Düsseldorf hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zugelassen. Da die Einlegung der Revision aufgrund der aktuellen Brisanz der Entscheidung als sicher erscheint, bleibt abzuwarten, wie die „letzte deutsche Instanz“ das Entstehen von Urlaubsansprüchen während der Kurzarbeit beurteilt. Jedenfalls liegt die Entscheidung bisher „auf der Linie“ der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs zum Mindesturlaubsanspruch aus Art. 7 Abs. (1) der europäischen Richtlinie 2003/88/EG; denen sich auch das BAG in den letzten Jahren vermehrt angeschlossen hat. Insofern gilt es als sehr wahrscheinlich, dass das BAG die automatische Urlaubskürzung anerkennen wird.

Die aktuelle Entscheidung befasst sich allerdings nur mit Urlaubsansprüchen während der Kurzarbeit „Null“. Ob dies auf Fälle übertragbar ist, in denen sich der Arbeitnehmer nur teilweise in Kurzarbeit befindet, dies jedoch an fest geregelten Tagen und damit – ebenfalls ähnlich wie ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer – im Vergleich zu einem vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer an weniger Tagen arbeitet, bleibt weiterhin offen.

Zur Vermeidung von Unklarheiten empfiehlt es sich zudem auch weiterhin, die Urlaubsansprüche während der Kurzarbeit ausdrücklich zu regeln. Das gilt insbesondere, sofern ein Anspruch auf vertraglichen Zusatzurlaub besteht, für den weit weniger strenge Regeln gelten.

Bitte beachten Sie auch, dass (noch) nicht verplanter Erholungsurlaub zur Vermeidung von Kurzarbeit regelmäßig eingebracht werden muss. Sofern 2021 Kurzarbeit eingeführt oder fortgesetzt wird, müssen die Urlaubsansprüche entweder vollständig verplant oder soweit dies nicht geschehen ist, vor der Bezugsberechtigung von Kurzarbeitergeld eingebracht werden. Die Bundesagentur für Arbeit hatte diesbezüglich im vergangenen Jahr teils von einer Prüfung abgesehen, allerdings angekündigt, dass dies seit dem 01.01.2021 nicht mehr gilt.

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Dr. Oliver Hahn

Partner · Gründer

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

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