IST HOME OFFICE JETZT EIN MUSS? NEUE REGELUNGEN FÜR ARBEITNEHMER UND ARBEITGEBER SEIT DEM 27.01.2021

IST HOME OFFICE JETZT EIN MUSS? NEUE REGELUNGEN FÜR ARBEITNEHMER UND ARBEITGEBER SEIT DEM 27.01.2021

Bund und Länder haben sich am 19.01.2021 auf verschärfte Corona-Maßnahmen verständigt. Bestandteil dieser Maßnahmen sind unter anderem neue Regeln zum Home Office und eine verschärfte Maskenpflicht. Was dies für Sie als Arbeitgeber bedeutet, haben wir im Folgenden zusammengestellt:

 

 

1. HAT DER ARBEITNEHMER ANSPRUCH AUF HOME OFFICE?

Der Arbeitgeber muss nach der seit dem 27.01.2021 geltenden Fassung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung zunächst für jeden Arbeitsplatz kurzfristig eine neue Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich „zusätzlicher und erforderlicher Maßnahmen“ des betrieblichen Infektionsschutzes erstellen, die Gesundheitsrisiken für die einzelnen Arbeitnehmer ermitteln und geeignete Maßnahmen ergreifen sowie diese dokumentieren, denn es ist davon auszugehen, dass die Einhaltung dieser Pflicht von den Arbeitsschutzbehörden überprüft werden wird.

 

Eine dieser Maßnahmen ist nach der neuen SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung ausdrücklich, dass der Arbeitgeber bis vorerst zum 15.03.2021 verpflichtet ist, bei Büroarbeiten oder vergleichbaren Tätigkeiten das Arbeiten im Home Office zu ermöglichen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen.

 

Der Arbeitnehmer hat jedoch keinen subjektiven durchsetzbaren Anspruch auf Home Office. Im Gegenzug ist er auch nicht verpflichtet, seine Tätigkeit im Home Office zu verrichten.
Mehr darüber können Sie auch in unserem Online-Workshop „Home Office und mobiles Arbeiten“ erfahren.

 

 

2. WANN KANN DER ARBEITGEBER HOME OFFICE NOCH ABLEHNEN?

Der Arbeitgeber kann die Tätigkeit im Home Office aus zwingenden betriebsbedingten Gründen ablehnen.

 

Ob solche vorliegen, beurteilt sich nach dem jeweiligen Betrieb und dem konkreten Arbeitsplatz. Hierbei ist unter anderem darauf abzustellen, ob eine Tätigkeit im Home Office aufgrund der konkreten Umstände überhaupt umsetzbar ist, z.B. ob die technischen Voraussetzungen vorliegen und der Datenschutz gewährleistet werden kann.

 

 

3. WELCHE SANKTIONEN ERWARTEN DEN ARBEITGEBER, WENN HOME OFFICE NICHT ERMÖGLICHT WIRD?

Ein Bußgeldtatbestand für Verstöße gegen die Pflicht, eine Home Office Tätigkeit anzubieten, ist in der Verordnung – entgegen der ersten Entwürfe – nicht enthalten.

 

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung für jeden Arbeitsplatz zu erstellen. In dieser ist auch zu dokumentieren, weshalb dringende betriebsbedingte Gründe einer Home Office-Tätigkeit entgegenstehen. Verlangt die zuständige Behörde vom Arbeitgeber Auskunft über die konkreten Bemühungen, Präsenztätigkeiten weitestgehend zu vermeiden und die Gründe, weshalb dies im Einzelfall nicht möglich ist, muss der Arbeitgeber dem nachkommen.

 

Macht/Kann er dies nicht, kann die zuständige Behörde unter Umständen die Tätigkeit im Betrieb nach § 22 Arbeitsschutzgesetz untersagen.

 

Handelt der Arbeitgeber einer ergangenen vollziehbaren Anordnung der Behörde zur Durchführung einer Home Office-Tätigkeit zuwider, kann dies mit einer Geldbuße bis zu EUR 30.000,00 geahndet werden. Sollte eine Behörde eine Anordnung erlassen haben, besteht entgegen vieler Pressemeldungen doch ein Sanktionsrisiko.

 

 

4. KANN DER ARBEITGEBER DEN ARBEITNEHMER VERPFLICHTEN, AN VIDEOKONFERENZEN TEILZUNEHMEN?

Der Arbeitgeber kann vom Arbeitnehmer verlangen, dass er bei Anwesenheit im Betrieb an Videokonferenzen teilnimmt und hierbei die Kamera einschalten muss. Das gilt zumindest dann, wenn diese Verpflichtung für alle Teilnehmer gilt.

 

Arbeitet der Arbeitnehmer dagegen im Home Office, gilt dies nicht uneingeschränkt. Da der Arbeitnehmer hier ggf. sein persönliches Umfeld ungewollt zeigen muss, wird durch die Bildübertragung in das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters eingegriffen. Es muss geprüft werden, ob eine Videokonferenz wirklich erforderlich oder ob nicht eine Telefonkonferenz zum selben Ergebnis führt.

 

Um datenschutzrechtlichen Bedenken zu vermeiden, ist zu empfehlen, Anbieter zu verwenden, bei denen der Arbeitnehmer den Hintergrund ausblenden oder verändern kann.

 

 

5. WAS IST MIT ARBEITNEHMERN, DIE AUFGRUND DER GESCHLOSSENEN BETREUUNGSEINRICHTUNGEN IHRE KINDER BETREUEN MÜSSEN?

Arbeitnehmer, die aufgrund der geschlossenen KiTas die Betreuung ihrer Kinder selbst übernehmen müssen, haben verschiedene Freistellungs- und Vergütungs- bzw. Entschädigungsansprüche.

 

Gegenüber dem Arbeitgeber besteht ein Anspruch auf Freistellung und Zahlung der Vergütung gemäß § 616 BGB, sofern dieser nicht arbeitsvertraglich ausgeschlossen ist.

 

Darüber hinaus bestehen Freistellungs- und Entschädigungsansprüche für Arbeitnehmer, die wegen der Betreuung ihrer Kinder vorübergehend nicht arbeiten können gemäß § 56 Abs. (1a) Infektionsschutzgesetz (IfSG) für bis zu 10 Wochen. Alleinerziehende haben einen Entschädigungsanspruch für bis zu 20 Wochen. Der Arbeitnehmer erhält 67 Prozent des entstandenen Verdienstausfalls als Entschädigung, wobei diese auf maximal EUR 2.016,00 monatlich begrenzt ist.

 

Zudem haben gesetzlich versicherte Arbeitnehmer Anspruch auf Kinderkrankengeld. Der Anspruch wurde im Januar 2021 von 10 auf 20 Tage je Elternteil und Kind verdoppelt. Alleinerziehende haben einen Anspruch von 40 anstelle 20 Tage pro Kind. Das Kinderkrankengeld beträgt in der Regel 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts.

 

 

6. WO BESTEHT IM UNTERNEHMEN EINE PFLICHT ZUM TRAGEN EINER MASKE?

Im Unternehmen besteht nach der Corona-Verordnung BW grundsätzlich in allen Bereichen eine Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske (OP-Masken oder FFP2-Masken bzw. Masken der Normen KN95/N95). „Alltagsmasken“ aus Stoff sind auch hier nicht mehr zulässig.Eine Ausnahme gilt am Arbeitsplatz bzw. bei Verrichtung der Tätigkeit, sofern ein Abstand von 1,5 Metern zu weiteren Personen sicher eingehalten werden kann und kein Publikumsverkehr besteht.

 

 

7. MUSS DER ARBEITGEBER DIESE MASKEN ZUR VERFÜGUNG STELLEN?

Besteht nach der Corona-Verordnung BW eine Maskenpflicht am Arbeitsplatz, muss der Arbeitgeber die erforderliche Anzahl geeigneter Masken zur Verfügung stellen. Da es sich um Arbeitsschutzmaßnahmen handelt, darf der Arbeitgeber diese Kosten nicht an den Beschäftigten weitergeben.

 

Ordnet der Arbeitgeber eine weitergehende Maskenpflicht oder das Tragen von FFP2-Masken an, muss er diese ebenfalls zur Verfügung stellen.

 

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Dr. Oliver Hahn

Partner · Gründer

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

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