Zwischen dem 1. März 2022 und dem 31. Mai 2022, finden – wie turnusmäßig alle vier Jahre – die regelmäßigen Betriebsratswahlen statt.
Bei den Betriebsratswahlen 2022 sind zahlreiche Änderungen durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz zu beachten, mit denen sich Arbeitgeber spätestens jetzt vertraut machen sollten.
Wir geben Ihnen daher nachfolgend einen Überblick über diese Neuregelungen.
Betriebsrätemodernisierungsgesetz
Bereits im Juni 2021 ist das Betriebsrätemodernisierungsgesetz in Kraft getreten. Das Gesetz soll u.a. die Gründung von Betriebsräten erleichtern.
Es regelt vor diesem Hintergrund einige wesentliche Änderungen des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) und des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), die u.a für die kommenden Betriebsratswahlen von Bedeutung sind.
Am 15. Oktober 2021 ist zudem die geänderte Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz in Kraft getreten, worin Neuerungen des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes bezüglich der Betriebsratswahl umgesetzt wurden.
Was hat sich im BetrVG geändert?
Absenkung des „Wahlalters“ für Betriebsratswahlen, § 7 BetrVG
Das Mindestalter für die Wahlberechtigung wird auf die Vollendung des 16. Lebensjahres abgesenkt (bisher: Vollendung des 18. Lebensjahres). In bestimmten Konstellationen kann sich dies auf die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder auswirken, da § 9 BetrVG hierfür teilweise auf die Zahl der im Betrieb beschäftigten wahlberechtigten Arbeitnehmer abstellt.
Ausweitung des vereinfachten Wahlverfahrens, § 14a BetrVG
Mit dem Ziel der Erleichterung von Betriebsratsgründungen wurde das vereinfachte Wahlverfahren ausgeweitet: Es ist nun in Betrieben mit fünf bis zu 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern obligatorisch (vormals nur in Betrieben mit fünf bis zu 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern). In Betrieben ab 101 bis 200 wahlberechtigten Arbeitnehmern (zuvor nur zwischen 51 und 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern) können Wahlvorstand und Arbeitgeber nun das vereinfachte Wahlverfahren – alternativ zum normalen Wahlverfahren – vereinbaren.
Stützunterschriften, § 14 Abs. (4) BetrVG
Ein gültiger Wahlvorschlag bei der Betriebsratswahl setzt voraus, dass er von einer hinreichenden Anzahl wahlberechtigter Arbeitnehmer unterstützt wird („Stützunterschriften“).
Zur Vereinfachung des Wahlverfahrens wurde das § 14 Abs. (4) BetrVG wie folgt geändert:
In Betrieben mit bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern sind keine Stützunterschriften mehr notwendig.
In Betrieben mit 21 und bis zu 100 Wahlberechtigten erfolgt eine Absenkung auf nunmehr mindestens zwei Stützunterschriften.
Erst in Betrieben mit mehr als 100 Wahlberechtigten sind Wahlvorschläge von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen, in jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.
Anfechtungsrecht der Betriebsratswahl, § 19 Abs. (3) BetrVG
Mit dem Ziel der Erhöhung der Rechtssicherheit der Betriebsratswahl wurde die Anfechtung durch die Wahlberechtigten grundsätzlich ausgeschlossen, soweit die Anfechtung auf die Unrichtigkeit der Wählerliste gestützt wird, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde.
Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist nun ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.
Geänderte Wahlordnung
Infolge der Neuerungen des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes wurde auch die Wahlordnung zum BetrVG geändert. Am 15. Oktober 2021 ist die geänderte Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz in Kraft getreten. Die wichtigsten Änderungen der Wahlordnung sind:
Ermöglichung von Video- und Telefonkonferenzen
Auch weiterhin soll der Wahlvorstand seine Sitzungen als Präsenzsitzungen durchführen. Zukünftig kann jedoch – in Abweichung hiervon – unter bestimmten Voraussetzungen der Wahlvorstand Sitzungen mittels Video- oder Telefonkonferenz abhalten. Der Wahlvorstand muss dies förmlich beschließen. Bestimmte Aufgaben des Wahlvorstands bleiben aber auch weiterhin der Präsenzsitzung vorbehalten; hierzu zählen etwa die Prüfung und Bekanntmachung von Vorschlagslisten und die Wahlversammlung.
Neuregelungen zur Briefwahl
Mit der Öffnung der Briefwahlumschläge von per Briefwahl abgegebenen Stimmen darf nun erst im Anschluss an die Stimmabgabe begonnen werden (anders als bisher, wo bereits unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe die Briefwahlumschläge zu öffnen waren). Durch die Neuregelung soll eine mögliche Beeinflussung der laufenden Präsenzwahl durch die zeitgleiche Öffnung der Briefwahlumschläge verhindert werden.
Bei Präsenzwahl kein Wahlumschlag mehr erforderlich
Bei Stimmabgabe vor Ort im Betrieb muss kein Wahlumschlag mehr verwendet werden. Stattdessen ist der Stimmzettel so zu falten, dass beim Einwerfen in die Wahlurne von außen nicht zu erkennen ist, wie gewählt wurde.
Neue Hinweispflichten des Wahlvorstands
Der Wahlvorstand soll – neben der Frist zur Einlegung eines Einspruchs gegen die Richtigkeit der Wählerliste – im Wahlausschreiben nun auch auf die Rechtsfolge bei Versäumung der Einspruchsfrist nach § 19 Abs. (3) Satz 1 und 2 BetrVG hinweisen. Danach gehen die Wahlberichtigten des Rechts zur Anfechtung der Betriebsratswahl aufgrund einer fehlerhaften Wählerliste verlustig, wenn nicht zuvor aus demselben Grund Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde.
Klarstellung zur Fristenberechnung
Die Fristen für die Einreichung von Einsprüchen gegen die Wählerliste, von Vorschlagslisten sowie von Erklärungen bei Mängeln eingereichter Vorschlagslisten enden grundsätzlich am letzten Tag der Frist um 24 Uhr. Die Rechtsprechung hatte in diesem Zusammenhang Voraussetzungen festgelegt, unter denen der Wahlvorstand die Frist zur Einreichung fristgebundener Erklärungen hiervon abweichend bestimmen kann. Diese Vorgaben der Rechtsprechung wurden nun ausdrücklich in § 41 Abs. (2) der Wahlordnung übernommen. So können Wahlvorstände eine frühere Uhrzeit am letzten Tag der Frist angeben, damit etwaige Einsprüche, Vorschlagslisten und damit verbundene Erklärungen noch während der Geschäftszeiten des Wahlvorstands eingehen.
Fazit: Arbeitgeber müssen sich mit den neuen Regelungen vertraut machen
Aufgrund der Änderungen durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz sind bei der Betriebsratswahl 2022 zahlreiche Neuregelungen zu beachten, mit denen sich nicht nur die Wahlvorstände, sondern auch dringend die Arbeitgeberseite vertraut machen sollte, um so insbesondere Anfechtungsrisiken zu minimieren.